C04
Das kognitive Kontrollsystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Zuweisung neuronaler Ressourcen. Doch da dieser Prozess ebenfalls Ressourcen beansprucht, hängt er von individuellen Unterschieden in der kognitiven Reserve und der subjektiven Anstrengungsbereitschaft ab. In einem vielschichtigen Ansatz untersuchen wir Wechselwirkungen zwischen Anstrengung und kognitiver Kontrolle bei reduzierter Ressourcenverfügbarkeit nach Schlafentzug und im gesunden Altern. Außerdem prüfen wir den Einfluss des Orexin-Systems auf die Ressourcenzuweisung und setzen TUS ein, um kognitive Kontrollfunktionen zu modulieren.
Gruppenleitung

Dr. Jana Tegelbeckers

Prof. Dr. med. Markus Ullsperger
Gruppenmitglieder
Kognitive Kontrolle
Um zielgerichtetes Verhalten zu ermöglichen, muss unser Gehirn flexibel Anpassungen vornehmen können, wenn bspw. Fehler oder unerwartete Ereignisse auftreten oder wenn wir uns in neuen Situationen wiederfinden. Das Management der limitierten neuronalen Ressourcen zum Zwecke adaptiven Verhaltens wird dabei als kognitive Kontrolle bezeichnet. Sie umfasst das kontinuierliche Überwachen des Handlungsfortschrittes, der Verfügbarkeit von Ressourcen und der Anforderungen (Ullsperger et al., 2014a,b).
Um dies zu gewährleisten, basiert das neuronale kognitive Kontrollnetzwerk auf der Interaktion zwischen präfrontalen und parietalen Arealen, den Basalganglien sowie modulatorischen Input aus dem Di- und Mesencephalon und der Pons. Insbesondere der posteriore medialen Frontalkortex (pMFC) scheint als zentrale Schaltstelle dieses Kontrollnetzwerkes zu fungieren (Ridderinkhof et al., 2004).
Der Einfluss von Schlaf
Zu wenig Schlaf beeinträchtigt die Fähigkeit zur kognitiven Kontrolle, wodurch u.a. mehr Fehler auftreten, die Ablenkbarkeit erhöht wird und die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Vermutlich erfolgen diese Einschränkungen aufgrund der Reduktion und qualitativen Veränderung neuronaler Ressourcen und der Veränderung der funktionellen Konnektivität der Hirnnetzwerke (Krause et al. 2017). Gleichzeitig sollte das kognitive Kontrollnetzwerk insbesondere bei verminderten Ressourcen durch Schlafentzug eine essentielle Rolle spielen, indem es beispielsweise über die Steuerung von Arousal (Erregbarkeit) und selektiver Aufmerksamkeit, die verfügbaren Ressourcen (re-)mobilisiert. Diese Interaktionen stellen das zentrale Thema unseres Projektes dar.
Ziele des Projektes
Analog zum Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten im Alter oder bei psychiatrischen Erkrankungen wollen wir Schlafentzug bei gesunden Erwachsenen als Modell nutzen, um die Funktionsweise des kognitiven Kontrollnetzwerkes besser zu verstehen. So simulieren und isolieren wir einen Zustand der verminderten neuronalen Ressourcen und können untersuchen, wie das Gehirn damit umgeht und wo potentielle Ansätze zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei verminderten Ressourcen liegen könnten.
Vorgehen
Unsere Studien werden mit menschlichen Versuchsteilnehmern im funktionellen Magnetresonanztomografen (fMRT) durchgeführt werden. Wir werden vergleichen, wie die Probanden eine anspruchsvolle kognitive Aufgabe nach einer normalen Nacht und nach einer durchwachten Nacht lösen. Dabei erheben wir neben fMRT-Bildern auch die Hirnströme mittels Elektroenzephalographie (EEG) sowie die Pupillometrie über Eyetracking. Aus diesen verschieden Daten wollen wir die Interaktionen zwischen kognitiver Kontrolle, Aufmerksamkeitsprozessen und der Verfügbarkeit neuronaler Ressourcen besser verstehen.
Ansatz zur Mobilisierung neuronaler Ressourcen
Die Bedeutsamkeit von Wachheit auf die kognitiven Kontrollmechanismen suggeriert einen wesentlichen Einfluss des lateralen Hypothalamus und des aufsteigenden retikulären Systems. In diesem Zusammenhang spielt vermutlich der Botenstoff Orexin (OX) eine signifikante Rolle. Dabei handelt es sich um ein Neuropeptid, das für die Stabilisierung und Regulierung des Erregungszustandes notwendig ist (Schöne and Burdakov, 2017). OX hat direkten Einfluss auf den lateralen präfrontalen Cortex (Lambe et al., 2005; Aracri et al., 2015) und in Studien mit Affen resultierte die nasale Gabe von OX in Aufmerksamkeitsverbesserungen (Weinhold et al., 2015). Daher planen wir, über eine doppelt-verblindete, Placebo kontrollierte Studie die Effekte einer pharmakologischen Beeinflussungen von Orexin im Menschen zu prüfen.
