B05
Unsere Gesellschaft erfordert immer schnellere Kommunikation, was insbesondere die Fähigkeit, visuelle Eindrücke parallel zu verarbeiten, herausfordert. Letzteres stellt im Alter ein zunehmendes Problem dar. Dieses Projekt untersucht die kortikalen Mechanismen, die den Grenzen visueller Parallelverarbeitung zugrunde liegen. Hierbei folgen wir der Hypothese, dass die Geschwindigkeit zyklischer Selektionsprozesse im visuellen Kortex diese Grenzen setzten, welche auch von strukturellen Faktoren, wie der intrakortikalen Myelinisiering abhängen. Die parallele Verarbeitung von Objekten und Orten zeigt eine Hemisphärenspezialisierung, welche wir mithilfe von transkranialer Magnetstimulation perturbativ untersuchen wollen. Das parallele Verfolgen von Objekten ist trainierbar, was wir in einer Kohorte von älteren Probanden mit und ohne tau-Pathologie untersuchen wollen.
Gruppenleitung

Prof. Dr. med. Jens-Max Hopf

Prof. Dr. med. Mircea Ariel Schoenfeld
Gruppenmitglieder

Dr. Christian Merkel

Nadine Schönemann
Geschwindigkeit der Aufmerksamkeitszuwendung als Limit der Parallelverarbeitung
Unsere zentrale Arbeitshypothese besteht darin, dass mehrere Eigenschaftswerte (z.B. verschiedene Farben) eines Objektes nicht wirklich gleichzeitig attendiert werden können, sondern dass diese einzeln aber schnell wiederkehrend in den Fokus genommen werden, so dass introspektiv der Eindruck der simultanen Verarbeitung entsteht. Im Kern wäre Parallelverarbeitung jedoch ein seriell-zyklischer Prozess, dessen Limit auf die Geschwindigkeit der wiederkehrenden Aufmerksamkeitszuweisung zurückzuführen ist. Es existiert ein klarer Zusammenhang zwischen der Myelinisierung von Neuronen und deren Geschwindigkeit und Präzision Signale zu verarbeiten, woraus sich die Fragestellung nach dem Zusammenhang der kortikalen Myelinisierung und der Effizienz von Parallelverarbeitung ergibt.
Visuelle Aufmerksamkeit
Unter visueller Aufmerksamkeit versteht man die Fähigkeit, auf Details einer visuellen Szene präferiert zu ‚achten’, was ermöglicht diese besser und schneller wahrzunehmen, zu diskriminieren und entsprechende Handlungen auszulösen. Auch ohne direktes Hinsehen (außerhalb des fovealen Sehens), können Details einer Szene präferiert beachtet werden. Dies wird als verdeckte visuelle Aufmerksamkeit bezeichnet. Zudem kann sich visuelle Aufmerksamkeit auf Objekte, Orte und Merkmale beziehen, was jeweils als objektbasierte, ortsbasierte und merkmalsbasierte Aufmerksamkeit bezeichnet wird.
Object Tracking
Diese Funktion unseres visuellen Systems lässt sich für realistische, dynamische Szenen beobachten. Hierbei können junge gesunde Personen unabhängige Bewegungen von etwa vier Objekten in der Umgebung simultan verfolgen (sog. multiple object tracking). Es gibt Hinweise darauf, dass dies auch für andere visuelle Dimensionen wie Farbe oder Formen zutrifft.
Die Ziele unseres Projektes
Das Projekt untersucht die kortikalen Mechanismen und Limitationen der flexiblen Zuweisung von Aufmerksamkeitsressourcen beim simultanen atten-dieren von bewegten Objekten und sich ändernden Merkmalswerten. Dabei wollen wir involvierten Hirnstrukturen beschreiben sowie die Geschwindigkeit zyklischer Aktivierungsmuster als Grundlage von Ressourcenlimits analysieren. Zudem versuchen wir zu verstehen, inwieweit strukturelle Eigenschaften wie die intrakortikale Myelinisierung des Gehirns mit der Effizienz der Parallelver-arbeitung beim MOT und MFT im Zusammenhang stehen. Das Potential dieser flexiblen kognitiven Ressource für die Vitalisierung des alternden Gehirns soll untersucht werden.