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Wir kennen es alle – zu wenig Schlaf oder ein Jetlag nach einer Flugreise beeinträchtigen unser Denk- und Erinnerungsvermögen, weil der innere Rhythmus unseres Gehirns durcheinanderkommt. Wir untersuchen wie dieser innere Rhythmus und ein dafür wichtiger Botenstoff, Orexin, genutzt werden können um die kognitive Leistungsfähigkeit wiederherzustellen.
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Was ist die Orexin?
Orexin ist ein kleines Neuropeptid. Es wird in wenigen Zellen im Hypothalamus, unserem Steuerzentrum im Gehirn für autonome Funktionen wie in Schlafen, Essen und Fortpflanzung, produziert. Orexin wirkt dort als der wichtigste Wachmacher. Durch die Verbindung des Hypothalamus mit anderen Hirngebieten wie den Hippokampus und den Präfrontalen Kortex im Stirnlappen kann Orexin darüber hinaus die Gedächtnisbildung und kognitive Flexibilität beeinflussen.
Was ist die gemeinsame Funktion von Hippokampus und Präfrontalem Kortex?
Beide Hirnareale arbeiten eng zusammen um Gedächtnisinhalte abzurufen oder bereits Gelerntes in einem neuen Zusammenhang anzuwenden (kognitive Flexibilität). Während der Hippokampus direkte neuronale Verbindungen zum Präfrontalen Kortex schickt, sind in den „Rückweg“ weitere Zwischenstationen eingeschaltet, wie z.B. das sogenannte supramammilläre Kerngebiet (Vertes, 2015). Auch in diesen Zwischenstationen finden Informationsverarbeitungsprozesse statt (Hashimotondani et al., 2018), aber bisher ist noch nicht geklärt, wie Orexin den Informationsfluss zwischen all diesen Hirnarealen beeinflusst.
Wie wirkt Orexin im Hippokampus und Präfrontalen Kortex?
Hippokampus, supramammiläre Kerngebiete und präfrontalen Kortex bekommen Orexinsignale aus dem Hypothalamus und nehmen diese spezifisch mit Rezeptoren für Orexin auf ihren Zellen wahr. Pharmakologische Studien konnten zeigen, dass diese Stimulation solcher Orexinrezeptoren neuronale Plastizität und Ausbildung eines räumlichen Gedächtnisses unterstützt (Akbari et al., 2010; Dang et al., 2018). Die Stimulation der Orexinrezeptoren kann molekulare Veränderungen in diesen Zellen auslösen und dadurch eine dauerhafte Verknüpfung von Zellen unterstützen. Dies trägt zur Ausbildung einer Art Gedächtnisspur im Gehirn bei.
Die Ziele unseres Projektes
Wir werden untersuchen wie Störungen des Tagesrhythmus den Informationsfluss zwischen Präfrontalem Kortex und Hippokampus beeinflussen und welche Rolle Orexin und seine Rezeptoren dabei spielen. Dabei interessiert uns auch, wie Orexin all jene zellulären und molekularen Prozesse im Hippokampus beeinflusst, die eine Verknüpfung neuronalen Zellen zu Gedächtnisspuren ermöglichen.
Orexin in Schaltkreisen der Kognition
Wir nutzen virale neuronale Tracer um Verbindungen zwischen Präfrontalem Kortex, supramammillären Kernen und Hippokampus darzustellen. Um herauszufinden, ob die miteinander verknüpften Nervenzellen Orexinrezeptoren enthalten, werden diese mit lasergestützter Mikrodissektion isoliert und das mRNA-Profil untersucht. Außerdem nutzen wir die RNAScope-Technik um mit hoher räumlicher Auflösung die Expression von Orexinrezeptoren in den einzelnen Hirngebieten darzustellen.
Orexinwirkung im Hippokampus
Wir werden untersuchen wie sich eine Störung des Tagesrhythmus (gestörter Schlaf, Jetlag) auf Lern- und Gedächtnisprozesse auswirkt und welche Rolle Hippokampus, supramammiläre Kerne und Präfrontaler Kortex bei diesen Prozessen spielen. Auch analysieren wir welchen Effekt eine lokale Reduktion von Orexinrezeptoren auf Lernen und Gedächtnis hat. Dann werden wir testen, wie sich die intranasale Applikation von Orexin und, komplementär dazu, eine Blockade der Orexinrezeptoren auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Bildung von zellulären Gedächtnisspuren im Hippokampus auswirken.
Ein Blick in die Zukunft
Wir erwarten, zusammen mit anderen SFB-Projekten, Einblicke in neuronale Schaltkreise und zelluläre Mechanismen, die dem Abbau kognitiver Fähigkeiten entgegenwirken können. Orexin besitzt dabei großes Potential um nicht nur die kognitive Leistungsfähigkeit nach Störungen des Tagesrhythmus zu verbessen, sondern auch um dem Verlust solcher neuronaler Ressourcen bei Stress oder Alterungsprozessen entgegenzuwirken. Da Orexin als Nasenspray oder Orexinblocker als Schlafmittel auch beim Menschen eingesetzt werden können, können sich damit langfristig neue Therapieansätze für Patientengruppen mit Schlafstörungen, Angsterkrankungen oder verschiedene Formen von Demenzen ergeben.