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Die Intaktheit des noradrenergen Locus coeruleus (LC-NA) Systems im Gehirn ist ein wichtiger Faktor zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten im Alter. Es muss jedoch noch untersucht werden, ob eine pharmakologische Modulation des LC-NA-Systems oder kognitive Trainingsinterventionen, die auf einer Steigerung der Noradrenalin (NA)-Funktion abzielen, einen kognitiven Rückgang im Alter verhindern können. Unser Projekt untersucht, ob das LC-NA-System Potenzial zur Steigerung der neuronalen Ressourcen im Alter bietet. Dies untersuchen wir durch pharmakologische NA-Intervention sowie durch Trainings kognitiver Funktionen von denen bekannt ist, dass sie das LC-NA-System rekrutieren.
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Was ist der Locus coeruleus?
Der Locus coeruleus (LC), eine kleine Hirnstruktur, der sich tief im Hirnstamm befindet, unsereHauptquelle der Noradrenalin (NA)-Modulation im Gehirn ist. Der LC ist an der Regulierung einer Vielzahl höherer kognitiver Funktionen beteiligt, wie zum Beispiel Arbeitsgedächtnis, Lernen, Aufmerksamkeit, sowie Gedächtniskonsolidierung und -abruf (für Übersichtsarbeiten siehe Sara, 2009; Mather & Harley, 2016; Betts et al., 2019).
Was wissen wir über die Rolle des Locus coeruleus in Kognition und Hirngesundheit?
Eine Kernfunktion des LC besteht darin, die Verarbeitung (emotional) salienter Ereignisse zu unterstützen (Arnsten, 1998; Luo et al., 2015). Innerhalb des LC-NA Netzwerkes kann eine Erhöhung extrazellulären NAs durch LC-Aktivierung die neuralen Ressourcen über die Aktivierung von α- und ß-Adrenorezeptoren zum Beispiel im präfrontalen Kortex und Hippocampus erhöhen, um das Arbeitsgedächtnis (Ramos & Arnsten, 2007) und das episodische Gedächtnis (Luo et al., 2015) salienter Ereignisse zu unterstuetzen. Eine Stärkung des LC-NA-Systems kann auch die kognitive Leistung steigern kann, indem die funktionelle Konnektivität von Gehirnregionen neu organisiert wird, die an bestimmten kognitiven Prozessen beteiligt sind. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass pharmakologische Erhöhungen von NA die Konnektivität zwischen frontalen und parietalen Regionen während einer visuellen Aufmerksamkeitsaufgabe unterstützen (Coull et al., 1999). Darüber hinaus deuten neuere Erkenntnisse darauf hin, dass altersbedingte Unterschiede in LC-NA mit reduzierten kognitiven Fähigkeiten im episodischen Gedächtnis (Hämmerer et al., 2018; Dahl et al., 2019) und kognitiver Reserve einhergehen(Robertson, 2013; Wilson et al al., 2013; Clewett et al., 2016).
Die NA-Modulation ist aber auch aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften und ihrer Rolle bei der Unterstützung der lokalen Gefäßfunktion wichtig für die langfristige Erhaltung der Gesundheit des Gehirns (Satoh & Iijima, 2017). Dies ist besonders relevant im Alter, da Tierversuche zeigen, dass die Kombination aus niedrigeren NA-Levels und höheren altersbedingten Pathologien wie Amyloid-beta (Aß) oder Neurofibrillary Tangles (NTF) due Ausbreitung von Proteinpathologien beschleunigen und mit erhöhter mikroglialer und neurovaskulärer Dysfunktion einhergehen (Chalermpalanupap et al., 2017; Satoh & Iijima, 2017; Weinshenker, 2018)
Die Ziele unseres Projektes
Die Integrität des LC-NA-Systems ist wichtig für die Bestimmung der kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben. Es muss jedoch noch untersucht werden, ob eine pharmakologische Modulation des LC-NA-Systems oder kognitive Trainingsinterventionen, die auf die Steigerung der NA-Funktion zugeschnitten sind, einen kognitiven Rückgang im Alter verhindern können. Das vorgeschlagene Projekt zielt darauf ab, zu untersuchen, ob das NA-System verborgenes Potenzial zur Steigerung der neuronalen Ressourcen im Alter bietet. Dies wird erreicht, indem die NA-Funktion pharmakologisch erhöht wird, sowie durch das Training bestimmter kognitiver Funktionen, von denen bekannt ist, dass sie das LC-NA-System rekrutieren. Unser Ziel ist es, die Bewertung kognitiver und physiologischer Veränderungen auf bekannte neurophysiologische Wirkungen von NA-Funktionssteigerungen (z. B. in Bezug auf eine erhöhte funktionelle Aktivität / Konnektivität) zuzuschneiden und die funktionellen Auswirkungen eines pharmakologisch oder durch kognitives Training gesteigerten NA-Spiegels im Kontext einer facettenreichen Bewertung interindividueller Unterschiede in der Integrität des LC-NA-Systems zu untersuchen. Wir werden ausserdem untersuchen, ob sogenannte „Super Ager“ – Achtzigjährige mit weit überdurchschnittlichen kognitiven Leistungen – ein besonders intaktes noradrenerges System haben.
Langfristige Perspektive
Die langfristige Perspektive dieses Projekts besteht darin, zu untersuchen, ob die In-vivo-Charakterisierung des LC-NA-Systems Personen mit erhoehter neuronaler ressource im höheren Alter identifizieren kann und ob Interventionen zur Erhöhung des NA-Spiegels klinischen oder Risikopopulationen im Alter zugute kommen können. In Zukunft wollen wir deshalb auch unser Verständnis der LC-vermittelten Plastizität in Zielbereichen von LC-Projektionen erweitern, einschließlich des Verständnisses der Rolle der LC-vermittelten Dopaminfreisetzung und der Mechanismen, die die LC-Aktivierung regulieren. Wir wollen hierbei auch mit durch Ultrahochfeld-MRT untersuchen, wie die Verstärkung der noradrenergen Modulation die Aktivierung unterschiedlicher kortikaler Schichten beeinflusst. Tierversuche deuten darauf hin, dass noradrenerge Projektionen ihre kognitiven Wirkungen ausüben, indem sie den Signal-Rausch-Pegel von Neuronen insbesondere in Schicht 4 des Kortex verändern (Berridge & Waterhouse), dies muss jedoch beim Menschen noch untersucht werden.